††††††††††††††††††††††††††† Dr. Victor Rebrik (St.-Petersburg-Mьnster)

††††††††††††††††††††††††††† Zur Frage kartwelo-sumerischer Sprachenfamilie. [i]

†††††††† Die Frage nach der genetischen Verwandschaft des Sumerischen ist bisher nicht gelцst worden. Nach dem bekannten Aufsatz von Viktor Christian[ii] hat die Wissenschaft keinen grossen Fortschritt gemacht [iii]. In den neuesten sumerischen Grammatiken geht man ьberhaupt nicht mehr auf diese Frage ein und konzentriert sich eher auf der Beschreibung des Sumerischen selbst [iv]. Das Weggehen von der Frage ist jedoch nicht mit der Antwort auf die Frage identisch.

†††††††† Sumerisch wurde schon mit praktisch allen mцglichen Sprachfamilien der Erde und mit anderen isolierten Sprachen (wie etwa dem Baskische oder dem Nubischen) verglichen [v]. Man fand immer gewisse grammatische ƒhnlichkeiten und ein paar Hundert Wцrter, die ungefдhr дhnlich klangen und spekulierte von einer Urverwandschaft. Diese Vergleiche machen die ganze Sache unglaubwьrdig, denn eine Sprache kann nicht mit allen Sprachen der Welt verwandt sein, es sei denn eine Ursprache der Menschheit im Paradies oder eine kьnstliche Sprache, wie Esperanto. V. Christian lцst das Problem mit der Vorstellung von einer Mischsprache, in der "das Kaukasische... aus hamitischen und asiatisch-sudanischen Elementen erwachsene Sprache ьberlagerte, wodurch das Sumerische entstand "[vi]. Solch eine Mischung hat jedoch keine Parallele in der Geschichte der Sprachen und ist deswegen kaum mцglich.

††††††† Natьrlich ьberzeugt ein Vergleich des Sumerischen mit den Sprachen, die Jahrtausende spдter ьberliefert sind, wenig, mit den Sprachen, die genauso alt sind (Altдgyptisch, Akkadisch, Elamitisch, Hurrisch) zeigt das Sumerische jedoch kaum genetische Verwandtschaft, wenn auch gewisse strukturelle ƒhnlichkeiten mit dem Elamischen und dem Hurrischen vorhanden sind. Der Zeitabstand ist jedoch nicht unbedingt das Hindernis fьr die Komparativistik (denn modernes Englisch ist dem Hethitischen urverwandt), man soll nicht die Sprachen, sondern die rekonstruierten Urformen vergleichen.

†††††††† Warum versuchen wir dann nach solch vielen vergeblichen Vergleichenwieder eine Antwort auf die Frage nach der genetischen Verwandschaft des Sumerischen zu geben? Seit der Zeit von Viktor Christian hat die vergleichende Sprachwissenschaft grosse Fortschritte gemacht. Nicht nur fьr die indogermanische, sondern auch die anderen Sprachenfamilien Eurasiens (hamito-semitische, finno-ugrische, altaische, dravidische, kartwelische) wurden die lautlichen Entsprechungen festgestellt und die Formen der entsprechenden Ursprache (freilich, mit grцsserem oder geringerem Erfolg) sowie die Grammatik rekonstruiert. Man spekuliert sogar schon von der Urverwandschaft zwischen den verschiedenen Sprachenfamilien (so sind die oben genannten sechs Sprachenfamilien sind von V. M. Illiз-Svityз und seinen Nachfolgern als"nostratische" Sprachen auf eine Ursprache zurьckgefьhrt worden, welche, wenn diese Hypothese stimmen wьrde, im Palдolithikum existiert haben mьяte). Auch die anderen isolierten Sprachen des Alten Orients wurden von den Forschern, freilich mit umstrittenen Ergebnissen, in Zusammenhang mit den grцsseren Sprachenfamilien gebracht [vii]. Man ist also durchaus berechtigt, solche Versuche auch fьr das Sumerische fortsetzen.

†† Der unmittelbare Vorwand fьr diesen Vergleich war die Sumerisch-kartwelische Liste von H. Fдhnrich [viii], wo er 94 ausgewдhlten Parallelen zwischen dem Sumerischen einerseits, vier kartwelischen Sprachen (Georgisch, Mingrelisch, Lasisch und Swanisch) andererseits vorgestellt hat, die nicht nur den Wortschatz, sondern auch einige grammatikalischen Formanten einschliessen. Er kommt am Ende (S.260) zum Ergebnis, daя es sich dabei mцglicherweise um frьhe Lehnbeziehungen etwa in der Art eines kartwelischen Superstrats in der sumerischen Sprache handelt. (Vgl. dazu die oben genannte Theorie von Christian, derentsprechend "das Kaukasische im wesentlichen unvermischt in das Tiefland zwischen Euphrat und Tigris einwanderte [ix]" und dort die einheimische Sprache ьberlagerte).

†† Die sumerisch-kartwelischen Vergleiche haben schon eine Geschichte. Einer der ersten dabei war V. Kramбr˘ [x], der fьr die Zugehцrigkeit des Sumerischen zur sьdwestkaukasischen Gruppe eintrat. Er macht nicht nur Wortgleichungen, sondern vergleicht auch die Grammatik der Sprachen, z. B. den sumerischen Plural des Prдsens auf -(e)ne und den des Prдteritums auf -eЪ mit den entsprechenden georgischen Endungen auf -(e)nund -es.

†† Im Unterschied zu dieser Arbeit, die fast vergessen wurde, wurden die Arbeiten von M. Tseretheli [xi] sehr bekanntNach vielen Jahren wurde auch die erweiterte Fassung dieser Arbeiten verцffentlicht [xii]. M. Tseretheli machte eine Liste von mehr als 200 lexikalischen Parallelen zwischen dem Sumerischen und den kartwelischen Sprachen, er fand auch viele morphologischen Parallelen. Er vermutete eine Verwandtschaft der sumerischen und kartwelischen Pronomina, Partikeln, Konjunktionen usw. Unabhдngig von V. Kramбr˘ ist auch er auf den Zusammenhang zwischen dem sumerischen Plural des Prдsens auf -(e)ne und dem des Prдteritums auf -eЪ mit den entsprechenden georgischen Endungen auf -(e)nund -es gekommen. Viele grammatikalische Parallelen wurden von ihm ebenfalls unterstrichen (etwa Nichtunterscheidung der grammatischen Geschlechter oder Aufbau der Prдfix- und Suffixkonjugation usw.). Bei genauer Betrachtung bleibt jedoch von den lexikalischen Vergleichen von Tseretheli nicht viel, sie sind meistens vom Georgischen, manchmal auch von den anderen drei kartwelischen Sprachen genommen, sehr selten greift er auf rekonstruierte urkartwelische Formen zurьck. Seine (georgischen und auch sumerischen) Etymologien sind oft willkьrlich, er sucht oft die einkononsonantischen Wurzel, die er dann fьr verwandt erklдrt. Als Beispiel sei seine Betrachtung der Fragepronomina [xiii] zitiert: "1) Sum. aba (a-b-a) "wer?" mit derselben (wie in -bi "dieser", "jener" usw. V.R.) Wurzel -b- = georg. v-in "wer?" mit derselben Wurzel v- (+Suffix -in ); tschan. m-in "wer?" mit der Wurzel m- (+Suffix -in); megr. m-i- "wer?" Diese Wurzeln: -b-, -v-, -m- sind wohl verwandt, gemeinsames Ursprungs". Weiter spricht er, nach derselben Methode, von der Verwandtschaftvon sum. ana (a-n-a)"was"? mit der Wurzel -n- und georg. ra-(y) "was"? mit der Wurzel -r-, genauso wie tschan. und megr. mu- und swan.m-дy mit der Wurzel -m-. Tseretheli kommt zur Idee von einer kartwelisch-sumerischen Sprachenfamilie mit Urheimat in Ostkleinasien.

†† Schon N. J. Marr [xiv] erhob gegen eine Reihe dieser Gleichungen Einwдnde, handelte jedoch in seinen Aufsдtzen ьber einzelne lexikalische Zusammenhдnge von Kaukasussprachen mit dem Sumerischen [xv]. A. Trombetti [xvi] faяt, nachdem er einige grammatische und lexikalische Vergleiche zwischen Sumerisch und kaukasischen Sprachen durchgefьhrt hat, seine Meinung dahingehend zusammen, daя das Sumerische mit dem Kaukasischen mehr als mit irgend einer anderen Sprachgruppe ьbereinstimme.

†† Auf die Zusammenhдnge des Sumerischen mit den Kaukasussprachen ging gelegentlichen einer eingehenden Besprechung von Poebels "Grundriss einer sumerischen Grammatik" auch Bork in OLZ 27, 169-177 des nдheren ein. Er meinte, daя der sumerische Satz durchaus in №bereinstimmung mit dem kaukasischen stehe. Die in der genitivischen Kettenbildung auftretende Suffixhдufung vergleicht er mit der in den Kaukasussprachen beobachteten Suffixaufnahme, fьr die Erklдrung der sumerischen Verbalprдfixe verweist er fragend auf die georgischen Charaktervokale. Er zieht zum Vergleich auch andere altorientalische und kaukasische Sprachen heran, etwa das Mitanni, das Elamische oder das Awarische. Auch er schlieяt auf eine Verwandtschaft des Sumerischen mit den Kaukasussprachen. Spдter (AOF III, 196) fasste er die Inkorporierung der Beziehungsinfixe in den Verbalausdruck als ein gemeinsames charakteristisches Merkmal auf.

†† Ausfьhrlich betrachtet die Beziehungen des Sumerischen zu den Kaukasussprachen V. Christian in seinem Aufsatz (S.74-87). Nach der №bersicht der Ideen von seinen Vorgдngern (S. 75-80) bringt auch er selbst einige neue Argumente fьr die Verwandtschaft zwischen dem Sumerischen und den kaukasischen Sprachen. Er weist (S.80) auf die Schwдche des dynamischen Akzentes, die fьr das Sumerische erschlossen werden kann, und sich auch in den Sьdwest- und Nordost-Kaukasussprachen findet, auf. Ihn ьberzeugen meistens die Vergleiche im Aufbau der Sprache (so spricht fьr eine nahe genetische Verwandtschaft des Sumerischen mit den Kaukasussprachen ihm zufolge der Aufbau der verschiedenen Konjugationsschemata. "Die nominativische Konjugation dient meist fьr das Prдsens-Futurum, die possessivisch-ergativische gewцhnlich fьr das Prдteritum-Perfektum. ƒhnliches lдsst sich nun auch im Georgischen, Mingrelischen und Lazischen beobachten" S.85).

†† Gegenьber lexikalischen Vergleichen, auch einem von Tseretheli, ist er skeptisch. Er sieht hierin ein methodischen Fehler: "Man mьsste doch zumindest fьr die vier sьdwestkaukasischen Sprachen (Georgisch, Mingrelisch, Lazisch, Swanisch) erst die gemeinsame Grundform des jeweils verglichenen Wortes erschliessen und diese dьrfte dann erst mit der rekonstruierten sumerischen Urform in Beziehung gesetzt werden" (S. 77-78). Fьr einige grammatische Elemente macht er allerdings eine Ausnahme und vergleicht (zusammen mit Tseretheli) die sumerische Mehrzahlendung -(e)ne mit der georgischen Pluralendung -n i oder das sumerische Nomen actionis auf -a mit der georgischen und mingrelischen Infinitivendung -a.

†† Auch in seinen Ergebnissen ist Christian nicht ganz eindeutig. Einerseits plдdiert er fьr eine Verwandtschaft des Sumerischen zu den Kaukasussprachen: "Es ergeben sich demnach eine Reihe von №bereinstimmungen, die zu zahlreich und zu speziell sind, als dass man an einem verwandtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Sumerischen und den Kaukasussprachen zweifeln kцnnte. Besonders deutlich tritt diese Verwandtschaft in der gesamten Sprachauffassung uns entgegen, die sich vor allem wieder in einer bis ins Detail gehenden Entsprechung im Bau des Verbalkomplexes als gleichartig erscheint. Dabei lassen sich die Beziehungen zu allen drei Hauptgruppen verfolgen, in die man die Kaukasussprachen einteilt. Die meisten und wichtigsten Zusammenhдnge scheinen aber doch mit der sьdwestgruppe zu bestehen, die das Georgische, Mingrelische, Lazische und Swanische umfasst.(S.87)". Andererseits aber schreibt er (ibidem): "№ber all diesen Parallelen, die das Sumerische mit den Kaukasussprachen gemeint hat, darf jedoch nicht ьbersehen werden, dass das Sumerische wesentliche Zьge besitzt, die sich im Kaukasischen nicht aufzeigen lassen. Dieses reicht also allein zur Aufhellung des Sumerischen nicht aus". Deshalb nimmt er fьr das Sumerische noch zwei Bestandtteile (das Hamito-Semitische und das Asiatisch-Sudanische), die dann vom Kaukasischen ьberlagert worden sind (S.124-125). "Die ьberschichtete Sprache selbst muss...jenem Idiom verhдltnismдssig nahe gestanden sein, aus dem die semitischen Sprachen hervorgingen" (S.125).

†††††††† Man betrachtete also immer mehr strukturelle ƒhnlichkeiten zwischen dem Sumerischen und den kaukasischen Sprachen und wurde skeptisch zu den lexikalischen Listen. Auch I. M. Djakonoff [xvii] kann die grosse strukturelle ƒhnlichkeit des Sumerischen mit einigen kaukasischen Sprachen leugnen, die jedoch fьr ihn die Verwandtschaft nicht bezeugt, bis keine materielle ƒhnlichkeit bewiesen wurde. Auяerdem meint er, daя die komplizierte Verbal-und Kasussysteme des Sumerischen nicht von der Ursprache vererbt, sondern vom Sumerischen selbst entwickelt wurden, weshalb strukturelle ƒhnlichkeit gerade in diesen Gebieten nicht genetisch sein kann.

†††††††† Die Ideen einer kartwelisch-sumerischen Verwandtschaft sind auch von G. A. Klimow [xviii] abgelehnt worden. Er zдhlt die Hypothesen von Bork und M. Tseretheli, zusammen mit vielen anderen (etwa I. M. Djakonoffs Hypothese von einer Verwandtschaft des Hurritisch-Urartдischem mit Nachisch-Dagestanischen), zu denen, die" zum grцяten Teil von Forschern entwickelt wurden, die entweder das kaukasische Sprachmaterial oder die wissenschaftliche Methode der Sprachvergleichung nicht beherrschen (oder sogar keines von beiden)... Die charakteristischen Zьge der erwдhnten Arbeiten sind ungenьgende Kenntnis der Spezialliteratur, ungenaue Aufzeichnung des verwendeten Materials, willkьrliche Gliederung der Lexeme, fehlerhafte Rekonstruktion von Vorformen, nicht selten auch das Operieren mit nicht echt kaukasischen Sprachmaterial usw." [xix]. Freilich spitzt er zu, denn seine Einwдnde stimmen.eher fьr die frьhesten Forscher (wie Hommel und Marr), als fьr die spдteren, die mit viel besseren sprachwissenschaftlichen Methoden arbeiteten.

†††††††† Ludwig W. Eichberg [xx] sah die Kaukasussprachen als eine Art Vermittler bei der Weitergabe sumerischen Kulturwortschatzes an die indogermanischen Sprachen, was Klimow (S.27) zu den noch unwahrscheinlicheren Gedankengдngen (als den der Sprachverwandtschaft V.R.) zдhlt.

†††††††† Auf diesem Forschungsstand sieht die Liste von Fдhnrich eher anachronistisch aus. Man kцnnte denken, daя er auf die Ideen von M. Tserethely zurьckgreift. Auch v. Esbroeck in seiner Rezension [xxi] scheint es unverstдndlich, warum er diese Liste bringt. Indessen ist diese Liste besser durchdacht als die von Tserethely. Viele Beispiele sind nicht nur aus einer kartwelischen Sprache, sondern aus allen vier genommen, was den Vergleich wahrscheinlicher macht. In die Liste schlieяt er auch viele grammatischen Elemente ein, die von Tserethely getrennt betrachtet sind. Viele Vergleiche von M. Tserethely, die unwahrscheinlich anmuten, bringt Fдhnrich nicht mehr.

†††††††† Mir schien es angebracht, die beiden Listen (von Tserethely und Fдhnrich) nach folgenden Kriterien zu prьfen und zu revidieren .

1) Inzwischen stehen uns zwei kartwelische etymologische Wцrterbьcher- von Klimow[xxii] und von Fдhnrich-Sardschweladse[xxiii] zu Verfьgung, man kann somit auf die urkartwelischen Formen zurьckgreifen. Das ist auch chronologisch mцglich, denn das Urkartwelische verteilte sich in das Georgisch-zanische und das Protosvanische um das 19 Jh. v. Chr. [xxiv], existierte also als eine Sprache im III Jtsd. v. Chr. und war Zeitgenosse des Sumerischen. Wir haben also alle Vergleiche von Tserethely und Fдhnrich beiseitegelassen, die nicht auf urkartwelische Formen zurьckzufьhren sind. Fьr diese Formen wurde meistens das neueste Wцrterbuch von Fдhnrich-Sardschweladse benьtzt. Manchmal war die Etymologie nur im дlteren Wцrterbuch von Klimow vorhanden, dann nahmen wir sie an. In den Streitfдllen geben wir beide Etymologien: die von Klimow und die von Fдhnrich-Sadrschweladse.

2) Das Vergleich mit den anderen kaukasischen Sprachen, im Unterschied zu einigen frьheren Wissenschaftlern, beschдftigte uns nicht. Die meisten Kaukasologen sind sind jetzt einig, daя eine frьher mehrmals postulierte genetische Verwandtschaft zwischen den drei Zweigen der kaukasischen Sprachen (nord-ost, nordwest- und sьdkaukasischen Sprachen) kaum existiert. Die №bereinstimmungen zwischen diesen Familien sind zu gering, um eine Verwandtschaft zu postulieren. So findet man zwischen allen drei Gruppen nur 20 gemeinsame Wurzeln [xxv], die jedoch von Klimow nach genauer Betrachtung (S.189-194) als unzureichend fьr Verwandtschaft angesehen werden. Man kann noch 16 zusдtzliche №bereinstimmungen zwischen kartwelischen und entsprechend nordwest- (S.195 bei Klimow) und nordost- (S.198) kaukasischen Sprachen, die jedoch nur in geringem Maяe erfolgversprechend sind, beibringen. Weitere 8 (!) №bereinstimmungen kann man zwischen nordwest- und nordostkaukasischen Sprachen finden (S. 205 bei Klimow), die meistens auf einen einzelnen Konsonanten beschrдnkt sind, was sie nicht gerade vertrauenerweckend macht. Es versteht sich von selbst, daя in den kaukasischen Sprachen viele gemeinsame kulturelle Lehnwцrter vorkommen, die auf Kontakte mit anderen, insbesondere indogermanischen Sprachen zurьckzufьhren sind, aber fьr unsere Betrachtung zu spдt sind und nichts ьber die Urverwandtschaft bezeugen [xxvi]. Auch die grammatischen Entsprechungen zwischen den kaukasischen Sprachen sind nicht so groя, wie man frьher dachte, sie haben eher verschiedene grammatische Konstruktionen, was die Rekonstruktion der "urkaukasischen" Grammatik nicht mцglich macht. Der Begriff "kaukasische Sprachen" hat also keine genetische Basis, was auch den Vergleich aller drei Gruppen (oder "Urkaukasischen", welches nie existierte) mit dem Sumerischen erьbrigt.

3) Es wдre natьrlich methodisch richtig, auch das Ursumerische zu rekonstruieren und fьr einen Vergleich heranzuziehen, wie das V. Christian vorschlug. Das ist jedoch noch nicht mцglich. Wir sind uns natьrlich im Klaren, daя die sumerische Sprache der ersten Hдlfte vom III Jtsd. sich nicht unwesentlich von der Sprache der Gudea- und Ur III -Zeit unterschied, noch mehrere Unterschiede gab es wahrscheinlich zwischen dem Protosumerischen des ausgehenden IV. Jtsd. und dem spдteren Sumerischen. Auch unterscheiden sich die syllabischen Lesarten von den ideographischen. Indessen sind wir gezwungen, mit dem zu operieren, was vorhanden ist und trцsten uns mit dem Gedanken, daя das Sumerische wenigstens die дlteste Schriftsprache der Menschheit (vom Altдgyptischen abgesehen) ist, wobei die Schrift nicht unbedingt den modernen Zustand der Sprache widerspiegelt, was den Vergleich zwischem ihm und den rekonstruierten Urformen der anderen Sprachenfamilien, die in die gleiche Zeit zurьckgehen, plausibler macht.

Viele Lesarten des Sumerischen sind jetzt jedoch anders, als in der Zeit von Tserethely (der sich auf Delitzsch' "Sumerisches Glossar" und Deimels "umerisch-Akkadisches Glossar" stьtzt), was eine Korrektur notwendig macht. Auch die Grammatiken, die er benutzte (von Delitzsch und Poebel) sind natьrlich jetzt veraltet. Tserethely jedoch versucht wenigstens sumerologisch strikt zu arbeiten, und die sumerischen Lesarten wie es ьblich ist zu gruppieren, was bei Fдhnrich nicht der Fall ist. Der letztere nennt nicht die Quelle seines sumerischen Materials und setzt keine diakritischen Zeichen. Wir muяten also seinen sumerischen Teil revidieren und nach den modernen Wцrterbьchern, insbesondere nach PSD, ISL und "Inim Ki-En-gi" prьfen, was auch einige seiner Vergleiche, die sich auf alten oder dubiosen Lesarten grьndeten, als falsch erwies.

†††††††† Wir haben am Ende eine Liste von 74 Entsprechungen zwischen dem Sumerischen und Urkartwelischen bekommen, die nicht nur lexikalische, sondern auch grammatikalische Entsprechungen miteinschlieяt. Man kцnnte noch mehr Entsprechungen finden, uns ging es jedoch nicht um die Zahl, sondern um die Genauigkeit der Entsprechungen (einige, die wir bezweifeln, aber nicht unmцglich finden, sind unter Fragezeichen angegeben). Die Entsprechungen sind in der Reihenfolge des lateinischen Alphabets geordnet (wie in der Liste von Tserethely).

 

1. sum. -aSuffix, das Verben nominalisiert.

†† kartw. *-aSuffix der Verbalsubstantive.

 

2. sum. babbar<barbar "hell werden", "glдnzen".

†††† kartw. *war "gleiяen, blitzen", wird oft redupliziert, vgl. georg. varvar-, swan. warwвl.

 

3. sum. bal "umdrehen", "entwurzeln", "sich ьberschlagen", graben"

††† kartw. *pal/pl "graben"

 

4. sum. bara "nie, niemals, nie mehr"

††† kartw. *wer "nicht"

 

5. sum. bi "dieser" (Sachklasse)

††† kartw. *wi- "wer".

 

6. sum. -daEndung des Komitativs

††† kartw. *adEndung des Adverbials

 

7. sum. dag "Wohnstдtte, Aufenthaltsort"

††† kartw. *deg/dg "stehen"

 

8. sum. dбg "licht, rein"

††† kartw. *deg "Tag"

 

9. sum. -dи-n Endung 1. Ps. Plur. in Verben

††† kartw. *d (Kl. )/*t (F.-S.) - Endung 1. und 2. Ps. Plur. in Verben

 

10. sum. du8"versiegeln, verschlieяen", "(hin)werfen"

††† kartw. *dew/dw "legen"

 

11. sum. dug4 "sagen"

††† kartw. *tkw "sagen"

 

12. sum. dih "Steine in Kцrper"

††† kartw. *diq "Lehm"

 

13. sum -e Endung des Ergativs

†† kartw. *-e Endung des Nominativs.

 

14. sum -e Suffix des Prдteritums

††† kartw. *-e Zeichen des Aorists.

 

15. sum. -ed Verbalsuffix der unvollendeten Handlung

†† kartw. *-d Verbalsuffix des Imperfekts.

 

16. sum. -ene Pluralendung der Nomina.

†† kartw. *n Pluralendung der Nomina

 

17. sum. -ene Endung der 3. Ps. Plur.

††† kartw. *-en Endung der 3. Ps. Plur.

 

18. sum. ene (ane)Pronomen 3. Ps. sing.

††† kartw. *e-g- Pronomen 3. Ps. sing. (?)

 

19. sum -eЪ /Ъи Endung des Terminativs

††† kartw. *-is/s Endung des Genitivs und Dativs.

 

20. sum. ga- Verbalprдfix

††† kartw. *ga- (Kl.), *gan- (F.-S.) Verbalprдfix

 

21. sum. gбn, gбna "Feld", "Anpflanzung", "Saatfeld", "Getreidefeld"

††† kartw. *qпan- "Feld"

 

22. sum. gur "umkehren, umwenden (sich)", gъr "sich beugen, Ring, Kreis"

††† kartw. *gor "rollen, wдlzen"

 

23. sum. guru9 "tragen, heben"

††† kartw. *gwar "bringen, tragen"

 

24. sum. сiЪ, сeЪ "Baum, Holz"

††† kartw. *°eЪa "Holz"

 

25. sum. haЪ "brechen, zerbrechen"

††† kartw. *qeз "hacken, spalten"

 

26. sum. i (м) - Konjugationsprдfix in Verben

††† kartw. *i- Charaktervokal in Verben

 

27. sum. inim "Wort"

†††† kartw. *nen "Zunge, Sprache"

 

28. sum. kad5 "festmachen"

††† kartw. *˚ed (Kl.) "bauen"

 

29. sum. kбr "anblasen"

††† kartw. *kar/kr "wehen, abkьhlen"

 

30. sum. kбra "Band, Bindung"

††† kartw. *˚ar/˚r "verbinden"

 

31. sum. ki "Erde"

††† kartw. *gim "Erde"

 

32. sum. kud "abschneiden, abtrennen"

††† kartw. *˚od "abhauen"

 

33. sum. kur "Aufenthalt, Wohnung, Sitz, Palast"

††† kartw. *kor "Haus"

 

34. sum. lil4 "Idiot"

††† kartw. *lele "schwachsinnig, dumm"

 

35. sum. сб-e, сб (ES ma-a, ma (-e)) "ich"

††† kartw. *me "ich"

 

36. sum. mu- Konjugationsprдfix

††† kartw. *mo- Richtungsprдfix in Verben.

 

37. sum. nu- "nicht"

††† kartw. *nu- "nicht"

 

38. sum. pap "Bruder, Vater, Mann, mдnnlich"

††† kartw. *p˚ap˚ "Groяvater"

 

39. sum. pаr "ausbreiten"

††† kartw. *par "bedecken, zudecken"

 

40. sum. sбg "(er)schlagen"

††† kartw. *cex "zermalmen, abschlagen"

 

41. sum. sal "weibliche Genitalien"

††† kartw. *c1ol "Weib"

 

42. sum. sar "(auf)schreiben"

††† kartw. *c1er "einritzen, schreiben"

 

43. sum. sаr "dick, fett"

††† kartw. c1er "Daumen"

 

44. sum. si "Licht, Helligkeit, Himmel"

††† kartw. *ca "Himmel"

 

45. sum. sм(m), sнm "geben"

††† kartw. *c1 "geben" (?)

 

46. sum. sнr "abreiяen, abschneiden", "brennen".

††† kartw. *s1ar/s1r "vernichten" (?)

 

47. sum sir4 "Licht"

††† kartw. *zer/zir "blicken, sehen"

 

48. sum. su4, su9 "rot, Rцяe"

††† kartw. *з1w "brennen"

 

49. sum. su7 "Brachfeld"

††† kartw. *swe "Flьgel"

 

50. sum. su8 "(Vieh) hьten, weiden"

††† kartw. *c1aw/c1w "beschьtzen, bewachen, hьten".

 

51. sum. sub "(ein)saugen"

††† kartw. *зov "saugen"

 

52. sum. sъd "stampfen, zerstцяen"

††† kartw. *c1wet/c1wit "beschneiden, abnutzen"

 

53. sum. sug "Meer"

††† kartw. *zogw "Meer"

 

54. sum. sur5 "hдngen, schweben", sum. sur. "untertauchen".

††† kartw. *c1ur "schwimmen, schweben"

 

55. sum. sur8 "untergehen"

††† kartw. *cwar "springen, schnell laufen"

 

56. sum. Ъa- Modalprдfix

††† kartw. *Ъe- Prдverb

 

57. sum. Ъа "Herz, Inneres, Mitte"

††† kartw. *Ъuwa "Mitte"

 

58. sum. Ъeb4 (Ъe.eb)"Ziegel (Bauwerk)"

††† kartw. *Ъwib "Mьhlstein"

 

59. sum. Ъис "regnen, Tau, Schnee"

††† kartw. *c1wim "regnen"

 

60. sum. Ъul "Held, Jьngling, Mann"

††† kartw. *c1ul "Junge"

 

61. sum. Ъu-ur4 "Hungerkrampf"

††† kartw. *Ъwer/Ъwr "trocknen, ausdцrren"

 

62. sum. -taEndung des Ablativs-Instrumentals

††† kartw. -*itEndung des Instrumentals (?)

 

63. sum. tab "Anfang"

††† kartw. *taw "Kopf"

 

64. sum. tag "schlagen, vernichten"

††† kartw. *Жex "zerbrechen"

 

65. sum. tбn "rein sein"

††† kartw. *ten "scheinen"

 

66. sum. tar "einschneiden, abschneiden"

††† kartw. *з_ar/з_r- "schneiden"

 

67. sum u- Modalprдfix in Verben

††† kartw. *u- Charaktervokal in Verben

 

68. sum. ubur "weibliche Brust"

††† kartw. *ube "Brustgegend"

 

69. sum. ud "als, nachdem, wenn".

††† kartw. *od nur

 

70. sum. ul4 "eilen"

††† kartw. *wal "gehen"

 

71. sum ul4 "glдnzend, hell, leuchtend"

††† kartw. *wel "leuchten, blitzen".

 

72. sum. ъs, uЪ, uЪ4 "sich fьllen, voll sein/werden"

††† kartw. *wes1-†† "fьllen"

 

73. sum. zae "du"

††† kartw. *si "du"

 

74. sum. zмg "aufstehen", zi(-g) "sich erheben"

††† kartw. "*z1e- "oberer".

 

Anhand von dieser Liste versuchten wir , die regelmдяigen Entsprechungen zwischen dem Sumerischen und Urkartwelischen zu finden. Diese Entsprechungen haben wir tabellarisch gruppiert (Einfachkeitshalber geben wir nur die Nummer des Beispiels an):

 

Sum. †††††††††††††††††† Urkartw. ††††††††††††† Beispiel !

††††††††††††††††††††††††††† Vokale

a††††††††††††††††††††††††††††††††††† a†††††††††††††††††††††††††† 1,2,3,6,20,21,29,30,38,39,57,63,66

a††††††††††††††††††††††††††††††††††† e†††††††††††††††††††††††††† 4,7,8,25,28,35,40,42,43,56,64,65

a††††††††††††††††††††††††††††††††††† o††††††††††††††††††††††††† 41

a††††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 4,21,30

e††††††††††††††††††††††††††††††††††† e†††††††††††††††††††††††††† 13,14,17,18,24

e††††††††††††††††††††††††††††††††††† i†††††††††††††††††††††††††† 19,58,59

e††††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 9,15,16,17,18,19

ae††††††††††††††††††††††††††††††††† i†††††††††††††††††††††††††† 73

i†††††††††††††††††††††††††††††††††††† a†††††††††††††††††††††††††† 44,46

i†††††††††††††††††††††††††††††††††††† e†††††††††††††††††††††††††† 24,27,34,47,74

i†††††††††††††††††††††††††††††††††††† i†††††††††††††††††††††††††† 5,12,26,31,47

i†††††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 27,45

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† o††††††††††††††††††††††††† 22,32,33,36,51,53,69

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† u††††††††††††††††††††††††† 37,54,60,67,68

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† w††††††††††††††††††††††††† 10,11,48,50,61

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† wa††††††††††††††††††††††† 23,55,70

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† we††††††††††††††††††††††† 49,52,61,71,72

u††††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 23

 

††††††††††††††††††††††††††† Konsonanten

a. Labiale

b††††††††††††††††††††††††††††††††††† b††††††††††††††††††††††††† 58,68

b††††††††††††††††††††††††††††††††††† p††††††††††††††††††††††††† 3

b††††††††††††††††††††††††††††††††††† v††††††† †††††††††††††††††† 51

b††††††††††††††††††††††††††††††††††† w††††††††††††††††††††††††† 2,4,5,63

p††††††††††††††††††††††††††††††††††† p††††††††††††††††††††††††† 39

p††††††††††††††††††††††††††††††††††† †††††††††††††††††††††††† 38

m†††††††††††††††††††††††††††††††††† m†††††††††††††††††††††††† 35,36

m†††††††††††††††††††††††††††††††††† n††††††††††††††††††††††††† 27

m†††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 45

b. Dentale

d††††††††††††††††††††††††††††††††††† d††††††††††††††††††††††††† 6,7,8,9,12,15,28,32,69

d††††††††††††††††††††††††††††††††††† t†††††††††††††††††††††††††† 11,52

t†††††††††††††††††††††††††††††††††††† t†††††††††††††††††††††††††† 62,63,65

t†††††††††††††††††††††††††††††††††††† Ж††††††††††††††††††††††††† 64

t†††††††††††††††††††††††††††††††††††† з_††††††††††††††††††††††† 66

n††††††††††††††††††††††††††††††††††† n††††††††††††††††††††††††† 16,17,21,27,37,65

n††††††††††††††††††††††††††††††††††† g††††††††††††††††††††††††† 18

n††††††††††††††††††††††††††††††††††† ш††††††††††††††††††††††††† 9

c. Gutturale

g††††††††††††††††††††††††††††††††††† g††††††††††††††††††††††††† 7,20,22,23

g††††††††††††††††††††††††††††††††††† gw††††††††††††††††††††††† 53

g††††††††††††††††††††††††††††††††††† g††††††††††††††††††††††††† 8,10

g††††††††††††††††††††††††††††††††††† †††††††††††††††††††††††† 21

g††††††††††††††††††††††††††††††††††† x††††††††††††††††††††††††† 40,64

с††††††††††††††††††††††††††††††††††† m†††††††††††††††††††††††† 35,59

с††††††††††††††††††††††††††††††††††† °††††††††††††††††††††††††† 24

k††††††††††††††††††††††††††††††††††† k††††††††††††††††††††††††† 29,33

k††††††††††††††††††††††††††††††††††† ˚†††††††††††††††††††††††††† 28,30,32

k††††††††††††††††††††††††††††††††††† g††††††††††††††††††††††††† 31

h††††††††††††††††††††††††††††††††††† q††††††††††††††††††††††††† 12,25

d. Affrikate

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† s†††††††††††††††††††††††††† 49,50

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† s1††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††† 46,72

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† z†††††††††††††††††††††††††† 47,53

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† c††††††††††††††††††††††††† 40,44,55

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† c1††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††† 41,42,43,45,54

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† 熆††††††††††††††††††††††† 51

s††††††††††††††††††††††††††††††††††† з1†††††††††††††††††††††††† 48,52

z††††††††††††††††††††††††††††††††††† z1††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††† 74

z††††††††††††††††††††††††††††††††††† s†††††††††††††††††††††††††† 73

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† Ъ†††††††††††††††††††††††††† 24,56,57,61

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† Ъw††††††††††††††††††††††† 57(?),58

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† s†††††††††††††††††††††††††† 19

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† c1††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††† 60

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† c1w†††††††††††††††††††††† 59

Ъ††††††††††††††††††††††††††††††††††† 熆††††††††††††††††††††††† 25

e. Laterale

r††††††††††††††††††††††††††††††††††† r†††††††††††††††††††††††††† 2,4,21,23,29,30,33,39,42,43,46,47,

††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††††† 54,55,61,66

l†††††††††††††††††††††††††††††††††††† l†††††††††††††††††††††††††† 3,34,41,60,70,71

 

†† Diese Tabelle braucht natьrlich einige Erlдuterungen. Einerseits lдяt die Tatsache der regelmдяigen Lautentsprechungen zwischen dem Sumerischen und Urkartwelischensich auf die Urverwandtschaft dieser Sprachen schliessen. Die Idee von Tserethely ьber die Existenz einer kartwelo-sumerischen Sprachenfamilie, mцglicherweise mit Urheimat in Kleinasien, scheint jetzt eine linguistische Bestдtigung zu bekommen. (Die regelmдяigen Entsprechungen zwischen dem Hurrisch-Urartдischen einerseits und modernen nord-ostkaukasischen Sprachen gaben I. M. Djakonoff die Mцglichkeit, von der Urverwandtschaft dieser Sprachgruppen zu sprechen [xxvii].) Man kцnnte versuchen, urkartwelo-sumerische Phonetik zu rekonstruieren.

†† Andererseits erscheint die Tatsache merkwьrdig, daя ein sumerischer Vokal verschiedenen kartwelischen Vokalen und ein sumerisches Konsonant mehreren kartwelischen Konsonanten entspricht. Die Erklдrung, welche wir bringen, ist fьr Vokalismus und Konsonantismus verschieden.

†† Wie schon mehrmals [xxviii] bemerkt wurde, kennen wir die sumerische Phonetik nicht genau, weil sie durch akkadische Aussprache zu uns gekommen ist: "...most of the evidence for Sumerian phonology has been filtered through the Akkadian phonological system; Sumerian phonology is seen through Akkadian eyes [xxix]". Sumerischer Vokalismus und Konsonantismus kцnnte also reicher sein, als es uns jetzt erscheint (wie es auch den Akkadern im 2.-1. Jtsd. v. Chr.erschien).Gerade die Materialen der verwandten Sprachen kцnnten hier etwas erleuchten. Unsere vokalischen Entsprechungen sprechen fьr einen reicheren Vokalismus im Urkartwelosumerischen (und wohl auch Protosumerischen): man kцnnte an 3 verschiedene a- Laute (etwa a, д und е), 2 e- Laute (offenes und geschlossenes, drei e-Laute sind von Kanewa (S.23) auch wegen der ES-Entsprechungen vorgeschlagen), 3 i-Laute (offenes, geschlossenes und hinteres y Ыa (wie etwa russisches und tьrkisches), zwei oder mehr u-Laute (u und ъЫw) und o-Laut (von mehreren Forschern schon postuliert).[xxx]. Andererseits sind auch positionsbedingte Alternationen vorhanden (alle Vokale kцnnen in An-oder Auslaut ausfallen). Die Kombination von diesen beiden Erklдrungen reicht fьr die vokalischen Entsprechungen aus.

†† Auch der protosumerische und urkartwelischer Konsonantismus kцnnte reicher werden, als das die Schrift widerspiegelt. Hier jedoch scheint uns die sekundдre Entwicklung in den kartwelischen Sprachen unter dem Einfluя anderer kaukasischer Substrats-Sprachen wahrscheinlicher. Es fдllt einem sofort ins Auge, daя die phonologischen Systemen drei kaukasischer Sprachenfamilien (und sogar des indogermanischen Armenischen) viel besser miteinander ьbereinstimmen, als Wortschatz und Grammatik [xxxi], was sich am besten auf den Einfluя des Substrats zurьckzufьhren lдяt. Desweiteren scheinen unsere Entsprechungen eine sekundдre Palatalisation oder Spirantisierung und Velarisierung eines ursprьnglich дrmeren Konsonantenzustandes des Urkartwelosumerischen im Urkartwelischen zu bezeugen. Positionsbedingt ist Ausfall von -m und -n im Auslaut. Sumerischer Konsonantismus scheint also zum Ursumerokatwelischen nдher zu sein.

††† Auffallend sind die Parallelen in den verschiedenen grammatischen Elementen, welche zwischen dem Urkartwelischen und dem Sumerischen bestehen, was uns die Mцglichkeit gibt, auch eine urkartwelosumerische Grammatik zu rekonstruieren. Die strukturellen Parallelen (etwa daя die kartwelischen Sprachen und das Sumerische agglutinativ sind, verschiedenene Kasussufixen und Verbalprдfixen kennen usw.) beweisen natьrlich noch nichts. Wichtig ist gerade die materielle Verwandtschaft der entsprechenden Prдfixe, Suffixe und Endungen. Was kann man dazu sagen?

††† Fьr das Urkartwelische wird ein sechsgliedriges Kasussystem rekonstruiert. [xxxii]: Nominativ (oder Absolutiv) ohne Endung (oder mit Endung -*e, nach F.-S.), Adverbial mit Endung *-ad, Dativ-Lokativ auf *s, Genetiv auf *-is1, Direktiv auf *is1ad (offensichtlich Genetiv+Adverbial) und Instrumental auf *-it (mit Fragezeichen bei Klimow). Die Unterschiede in der Rekonstruktion des Nominativs entstehen dadurch, daя er in den meisten kartwelischen Sprachen auf-i, endet, im Svanischen jedoch keine Endung hat.

†† Im Sumerischen finden Thomsen (S. 88) und Kanewa (S.37-46)10 Kasus, Djakonoff [xxxiii]-11. Das ursprьngliche Kasussystem des Urkarwelosumerischen dьrfte also weniger Fдlle haben,als die fьr das Sumerische schriftlich ьberlieferten. Die Zahl der Kasus wдchst auch spдter in den kartwelischen Sprachen (modernes Georgisch hat 8 Fдlle, Lazisch und Svanisch-7, Megrelisch-9 [xxxiv]) auf. ƒhnlich werden fьr das Ugrisch-finnische wenigere Kasus rekonstruiert, als die jetzt im Finnischen und Ugrischen vorhandenen Fдlle (ob das wirkliche Endungen oder die Postfixe sind, ist jetzt fьr unsere Betrachtung nicht von Bedeutung). Man rekonstruiert 6 Kasus in der uralischen Grundsprache gegen 12 im Finnischen [xxxv]Nicht nur die Zahl der Fдlle, sondern auch ihre Bedeutung kцnnen sich mit der Zeit дndern. Eine ursprьnglich kleinere Zahl von Kasus setzt auch ein breiteres Spektrum von Bedeutungen voraus, bei der grцяeren Zahl sind die Bedeutungen prдzisiert. Schon fьr das Urkartwelische kann bemerkt werden, daя Dativ-Lokativ auf *-s und Genetiv auf *-is1 wie die Varianten eines Kasus aussehen und somit mit dem sumerischen Terminativ auf eЪ/Ъй durchaus vergleichbar sind und nach den oben angegebeben Lautentsprechungen verwandt sein kцnnen. Bedeutungsdifferenz scheint uns nicht unьberwindbar, im Urkartwelosumerischen kцnnte es sich um einen breiten Kasus obliquus handeln, der im Urkartwelischen auf zwei Kasus zerfiel, im Sumerischen seine Bedeutung verringerte, wonach zwei neue Kasus: Genetiv auf -ak und Dativ auf -ra entstanden sind. Der zweite urkartwelosumerische Fall war wahrscheinlich Komitativ-Terminativ (vgl. sum. Komitativ auf-da und urkartwelischer Adverbial auf -*ad, hier fand im Sumerischen oder in Kartwelischen eine Metathese statt). Sumerischer Ablativ-Instrumentalis auf -ta ist durchaus mit dem urkartwelischen Instrumental auf *-it vergleichbar (Urform kцnnte -*ita lauten oder auch *t oder *at/it). Der vierte Kasus ist Nominativ (Absolutiv) ohne Endung.

††† Gab es in Urkartwelosumerischen auch einen Ergativ? Die zwei verschiedene Rekonstruktionen des urkartwelischen Nominativs kцnnen so aufgefasst werden, daя es ursprьnglich einen Ergativ auf *-e gab, der sich dann spдter zum Nominativ auf *-e entwickelte (jetzige Ergativendungen sind dagegen spдter entstanden und lauten in den kartwelischen Sprachen verschieden (-ma im Georgischen, -k im Lazischen und Svanischen und-d im Svanischen), was bezeugt, daя sie nicht auf das Urkartwelische zurьckgehen kцnnen). Der alte endungslose Nominativ-Absolutiv hat dagegen nur im Svanischen ьberlebt. Dann enspricht der urkartwelische Ergativ auf -*e vцllig dem sumerischen Ergativ auf-e. Die Umdeutung des alten Ergativs als des Nominativs ist auch deswegen mцglich, weil schon im Altgeorgischen die nominativischen Zьge mehr und mehr in den Vordergrund traten [xxxvi], der verlorene Ergativ wurde dann aber mit dem "neuen" Ergativ kompensiert, weil die Logik der Sprache den Ergativ doch forderte.

†† Fьr das Urkartwelosumerische kцnnte man also (freilich mit einigem Vorbehalt) fьnf Kasus rekonstruieren: Absolutiv, Ergativ, Casus obliquus (Genetiv-Dativ-Lokativ), Ablativ-Instrumentalis und Komitativ-Terminativ.

Auch die sumerische Pluralendung der Nomina (ene) entspricht durchaus dem Urkartwelischen *n, wie sie jedoch im Urkartwelosumerischen lautete, ist schwierig zu sagen. Da im Urkartwelischen auch die Verbalendung 3 Ps.Pl. *en vorhanden ist, welchen im Sumerische auch -ene antspricht, kцnnte man denken, daя wenigstens erstes *e im Urkartwelosumerischen vorhanden war.

...Eine der fьr das Sumerische und das Kartwelische gemeinsamen Konstruktionen ist die Anhдufung der Postpositionen bzw. Kasusendungen an den Genetiv; was schon von Tserethely bemerkt wurde [xxxvii], vgl. etwa: sum. dingir-a-ka-ra "dem des Gottes" mit georg. kaci-sa-sa "dem des Menschen". Diese Konstruktion war wahrscheinlich schon im Urkartwelosumerischen vorhanden.

†† Die Zahlwцrter dagegen sind im Sumerischen und Urkartwelischen nicht verwandt (die Zusammenstellung von sum. aЪ "1" mit georg. erti "1", welche Tserethely [xxxviii] macht, ist nach unseren Lautentsprechungen nicht mцglich). Diese Tatsache spricht anscheinend gegen die Urverwandtschaft. Sie ist jedoch ziemlich leicht erklдrbar, weil die Zahlwцrter der kartwelischen Sprachen meistens nicht einheimisch sind, sondern von anderen kaukasischen, indogermanischen oder semitischen Sprachen entlehnt sind. So vergleicht man urkartw. *cal- "Stьck" mit naxisch-dagestanischen *ca- "eins" und abxazisch-adygischen "*c(a)- "Zahn", kartw. *ЖqЯub- "Zwillingspaar" mit abxazisch-adygischen *ЖqЯ˚(a)- "zwei" und naxisch-dagestanischen *qЯ-wa-"zwanzig", kartw. *sam- "drei" mit abx.-ad. *x(a) "3" und naxisch-dagestanischen *lab "drei", kartw. *xut- "fьnf" mit abx.-ad. *tx˚(a) "5" und nax.-dag. *xw- "5" [xxxix]. Diese Zahlwцrter kann man als frьhe Entlehnungen auffassen, weil die notwendigen fьr die Urverwandtschaft regelmдяige Entsprechungen fehlen. Zu den alten indogermanischen Entlehnungen im Urkartwelischen gehцren *otxo "4" (vgl. indog. *okvw- "acht", was als Dual zu *okvto- "vier" verstanden wird) und *eks1w- "sechs" (vgl. indog. *s(w)ekvs-"sechs") [xl]. Das zahlwort fьr 100 *as1ir- ist als Entlehnung aus den semitischen Sprachen zu betrachten (vgl. etwa akk. eЪru "10")[xli] . Vigesymalsystem des Kartwelischen entspricht strukturell dem Vigesymalsystem anderer kaukasischen Sprachen, welches jedoch auch wohl im Sumerischen existierte: 40=20x2, 50=20x2+10 [xlii]. Man kann also dieses System auch fьr das Urkartwelosumerische postulieren.

†† Man kann jedoch fьr das Urkartwelosumerische einige Pronomina rekonstruieren. Sum. 1. Ps. Sing. сб-e (ES ma-e) ist regelmдяig dem kartw. *me verwandt. ES-Form hat wohl den ursprьnglichen Lautzustand aufbewahrt. Auch sum. 2. Ps. Sing. "zae" kann nach den Lautentsprechungen kartw. *si- verwandt sein. Problematischer wird es mit dem ursprьnglich Demonstrativpronomen 3. Ps. sing. ene (ane), welchem in kartw. *e-g- entspricht. Man kцnnte hier versuchen, als Urform etwa *e-с rekonstruieren.

Noch eine Entsprechung verbindet das sumerische Possessiv-und Demonstrativsuffix -bi (Sachklasse) mit dem urkartw. *wi- "wer?". Das sumerische Fragepronomen aba "wer?" hat dagegen lautgesetzlich [xliii] mit diesem kartwelischen Fragepronomen nichts zu tun.

†† Auch in Verbum kann man viele gemeinsamen Formanten finden, die wohl auf das Urkartwelosumerische zurьckgehen. Nicht nur strukturelle, sondern auch materielle ƒhnlichkeit zwischen Urkartwelischen und Sumerischen ist vorhanden. So finden die sogenannten Charaktervokale in den kartwelischen Verben, die vor der Verbalwurzel stehen (*i, *u) ihre Entsprechungen in sumerischen Konjugationsprдfixen i(м) und u, auch das kartwelische Richtungsprдfix *mo- entspricht lautgesetzlich dem sumerischen Konjugationsprдfix mu. Das sumerische Verbalprдfix ga- entspricht dem urkartwelischen Verbalprдfix *ga- (Kl.) bzw. *gan-. Die sumerischen Negationsprдfixe (bztw. Partikeln) "nu" und "bara" entsprechen lautgesetzlich den urkartwelischen *nu- und *wer.

†† Auch die Suffixe und Endungen der Verbalformen sind im Sumerischen und Urkartwelischen nicht unдhnlich. Das kartwelische Suffix der Verbalsubstantive *-a entspricht dem sumerischen Partizipiensuffix -a.

Die sumerischen Verbalsuffixe -e und -ed finden ihre Entsprechung in den urkartwelischen Suffixen *-e (Zeichen des Aorists) und *-d (Verbalsuffix des Imperfekts). Die Endung 1. Ps. Plur. -dи-n hat ihre Parallele in der urkartwelischen Endung 1. und 2. Ps. Plur. *-d (Kl.)/*-t. Auch die sumerische Endung 3. Ps. Plur. -ene entspricht der urkartwelischen Endung *en. Der verlockende Vorschlag der frьheren Forscher, die sumerische Endung -eЪ mit dem georgischen -es in Zusammenhang zu bringen, ist eher zu ablehnen, weil diese Endung nicht fьr das Urkartwelische rekonstruiert wird (Die Mцglichkeit, daя im Georgischen die urkartwelosumerische Endung -es geblieben ist, welche die anderen kartwelischen Sprachen verloren haben, scheint uns weniger wahrscheinlich).

†† Wichtig ist auch die Tatsache, daя der sumerische Gegensatz zwischen hamЖu (meistens im Prдteritum) und ma(meistens Prдsens-Futur)-Stдmmen seine Entsprechung im Urkartwelischen finden. Auch hier gibt es zwei Verbalstдmme (einer fьr Aorist und anderer-fьr Prдsens-Imperfekt). marы-Stдmme sind von hamЖu mit der Hilfe von Affixen, Reduplikation, Alternation oder suppletiv und irregulдr gebildet. Manchmal entsprechen jedoch marы-Stдmme den hamЖu. Auch in den kartwelischen Sprachen wird der Prдsensstamm vom Aoriststamm gebildet, meistens mit Suffixen (fьr das Urkartwelische wird z. B. das Suffix *eb rekonstruiert), aber auch die unverдnderte №bernahme des Aoriststammes ist mцglich (sogenannte I. Klasse des georgischen Verbums). In beiden Sprachen sind also die "Vergangenheitsstдmme" (oder die der vollendeten Handlung) ursprьnglich. Auf die allgemeinere №bereinstimmung zwischen dem Sumerischen und Utrkartwelischen in den Konjugationsschemata (die nominativische Konjugation dient meist fьr Prдsens und verwandte Tempora , die possessivisch-ergativische fьr die Tempora des Aoristsbereiches) wurde schon V. Christian (S.85) aufmerksam, der diese Tatsache als Beweis der nahen genetischen Verwandtschaft des Sumerischen mit den Kaukasussprachen betrachtete.

Kann man daraus ein urkartwelosumerisches Verbalsystem rekonstruieren? Anscheinend besteht die Schwierigkeit darin, daя das Sumerische nur zwei Tempora (fьr die transitiven) bzw. eins Tempus(fьr die intransitiven Verben) hat, wдhrend die kartwelischen Sprachen mehr als 10 verschiedenene Tempora haben. (Georgisch-11, Lazisch-15, Megrelisch-16, Svanisch-14.[xliv]) Dieser Gegensatz wird jedoch gewissermassen gelцst, indem diese Tempora zu den zwei grцяeren Tempusserien ("Prдsenssystem" mit dem erweiterten Prдsensstamm und "Aoristserie" auf der einfachen Verbalwurzel) gehцren , die, wie schon oben bemerkt wurde, Parallelen zu den marы- und hamЖu-Stдmmen aufweisen. Dieser Bestand der kartwelischen Sprachen verknьpft sich gut mit den Poebelschen Rekonstruktionen zweier Konjugationen fьr das Ursumerische auch fьr Intransitiv/Passiv (eine fьr hamЖu- und zweite fьr marы-Stдmme mit der Erweiterung -ed, welche spдter verlorenging, wдhrend die Endungen nach der des Transitivs von marы ausgegliechen worden sind).[xlv] Das gibt uns die Mцglichkeit, fьr das Urkartwelosumerische nur 2 Tempora zu rekonstruieren (Prдsens-Futurum mit -ed Erweiterung und marы- Stamm und Imperfekt mit dem reinen hamЖu-Stamm, denen in den kartwelischen Sprachen Imperfekt mit -d/t und Aorist entsprechen). Andere Tempora sind in den kartwelischen Sprachen wohl spдter, wahrscheinlich unter dem Einfluя tempusreicheren Nachbarsprachen entstanden. Auch das Verbalnomen auf -a scheint dem urkartwelosumerischen Verbalsystem angehцrt zu haben.

†† Man kann also etliche Zьge des Verbalsystems und einige gemeinsame Endungen rekonstruieren. Vergleichbares gilt auch z. B. fьr das Protouralische (Finnisch-Ugrische): auch hier kцnnen lediglich einige Suffixen und Endungen, nicht jedoch das ganze Verbalparadygma rekonstruiert werden [xlvi].

†† Im Bereich der Syntax ist die "verbozentrische" Struktur und die S-O-V Reihenfolge fьr das Urkartwelosumerische zu rekonstruieren. Auch hier stцrt nicht die Anwesenheit der anderen Typen in den modernen kartwelischen Sprachen, denn auch hier der Einfluя der anderen, insbesondere (fьr die Schriftsprache) indogermanischen Sprachen den ursprunglichen Satzbau verдndert haben kцnnte.

†† Die Betrachtung des gemeinsamen Wortschatzes erweckt den Eindruck, daя es sich um die primitive Agrargesellschaft des Jungsteinzeitalters handelt. Keine Metall-Bezeichnungen kommen vor (Falsch ist die Gleichung von Tseretely [xlvii]: sum. urudu."Kupfer"- georg. *ledz, megr. le/id≈, swan.-re≈, "Kupfer, Eisen"-nicht nur anachronistisch, sondern auch lautgesetzlich nicht mцglich), sondern lediglich "Stein/Lehm", "Holz". Ziegel/Mьhlstein". Solche gemeinsame Wцrter wie "Feld", "Brachfeld/Flьgel", "(Vieh) weiden, hьten", "Haus", Wohnstдtte" bezeugen frьhe Landtwirtschadt (Getreideanbau und Tierzucht) mit stдndigen Wohnsiedlungen. Die verbalen Wurzeln bezeugen verschiedene Tдtigkeiten ("graben", "legen", "sagen", tragen", brechen", "bauen", "abschneiden", "schlagen" , "geben", "sehen", fьllen" usw.) und gehцren zu dem allgemeinen Wortschatz. Auch fьr Naturereignisse ("Licht", "regnen", "leuchten") finden sich gemeinsame Wцrter. Auch fьr "Himmel" und "Erde" existieren gemeinsame Bezeichnungen, wie auch fьr "weibliche Genitalien" und "weibliche Brust". Hier kann man vielleicht auf einige religiose Vorstellung schliessen- Verehrung des Himmels (als der Lichtquelle, vgl. gemeinsame Wцrter fьr "licht, rein/Tag", "Licht/sehen", "rot/brennen", "rein sein/scheinen", "leuchten") vielleicht auch des Regens (als Himmelstдtigkeit?) einerseits und der Erde, wie auch der mьtterlichen Fruchtbarkeit andererseits. Das gemeinsame Wort fьr "Gott" findet sich jedoch nicht. Auch diese religiose Vorstellungen sind fьr das Neolithikum typisch. Dieser neolitischen Datierung widerspricht anscheinend das gemeinsame Wort fьr "schreiben", was jedoch ursprьnglich "einritzen, zeichnen" bedeutete, und insofern auch ins Jungsteinzeitalter paяt. Wichtig ist das gemeinsame Wort fьr "Meer", die Urheimat der Kartwelosumerer ist also in der Nдhe zu Meerkьste zu suchen. Interessant ist, daя auch ein gemeinsames Wort fьr "Wort/ Zunge, Sprache" und ein gemeinsames Schimpfwort "Idiot/Schwachsinniger" vorhanden sind.

†† Wo und wann kцnnte die kartwelosumerische Ursprache existieren? Da das Urkartwelische und das Sumerische schon im 3. Jtsd. unabhдngig voneinander existiertenund andererseits von einander schon recht weit linguistisch entfernt waren (wie etwa finnische Sprachen vom Ungarischen), kцnnte man etwa 3-4 Jahrtausende unabhдngiger Entwicklung nach dem Zerfall der Ursprache ansetzen. Dann landen wir jedoch in die 7-6 Jahrtausend als die Zeit, als noch eine gemeinsame Sprache und ein Urvolk existierten. Von dieser Zeit sind jedoch nur die neolithischen frьhlandtwirtschaftlichen Kulturen von Catal-Hььk und Hacilar (in Anatolien) und Jericho bekannt, welche nicht weit von der Meerkьste liegen, und insoweit als Kandidaten fьr die Urheimat (insbesondere die anatolischen Kulturen) geeignet sind. Die etwas spдteren neolithischen Kulturen in (Nord-) Mesopotamien (6-4 Jtsd.) und Kaukasus selbst (5-4 Jtsd.) scheinen uns nicht so gut fьr die Urheimat, die jedoch nur hypothetisch genannt werden kann, zu passen.

†† Als Zusammenfassung kann gesagt werden, daя die Hypothese von einer kartwelo-sumerischer Urverwandtschaftan Hand der oben gebrachten Beweise eine gewisse Bestдtigung findet. Es ist uns klar, daя dabei auch verschiedene Schwierigkeiten auftreten. Die Liste von 74 gemeinsamen Wurzeln und Affixen kann wahrscheinlich einigen (insbesondere den Indogermanisten) zu klein erscheinen, um eine Sprachverwandtschaft zu behaupten. Sie ist jedoch viel grцяer, als die Liste der angeblichen Entsprechungen zwischen den drei Zweigen der kaukasischen Sprachen, die kartwelischen Sprachen weisen also, wenn man von Lehnwцrtern absieht, mehr Gemeinsamkeiten mit dem Sumerischen, als mit den benachbarten kaukasischen Sprachen auf. Auch eine grammatische ƒhnlichkeit ist nicht zu leugnen. Vergleichbarerweise hat das Altдgyptische etwa 100-200 Wurzeln, welche den semitischen Wurzeln verwandt sind [xlviii], wenn man von 200-300 semitischen Lehnwцrtern absieht, die grammatischen Phдnomene bezeugen jedoch auch hier die Sprachvervandtschaft.

†† Sumerisch ist gewiя nicht einfach zu den kartwelischen Sprachen zu zдhlen, sondern als eine andere Sprachgruppe im Rahmen der kartwelisch-sumerischen Sprachenfamilie zu betrachten (wie etwa die finnischen und die ugrischen Sprachen zusammen zu der uralischen Sprachenfamilie gehцren). Die Urheimat der Kartwelosumerer ist vielleicht im Sьden von Kleinasien zu lokalisieren, die Zeit der Existenz der Ursprache-das 7.-6. Jt. v. Chr. Ort und Zeit bleiben natьrlich hypothetisch, die neolithischen Verhдltnisse werden jedoch gut vom gemeinsamen Wortschatz bezeugt.

†† Wir denken nicht, daя das Problem der genetischen Verwandtschaft des Sumerischen damit gelцst ist, hoffen jedoch, daя wir einige Argumente fьr seine Lцsung im Geiste der kartwelisch-sumerischen Hypothese vorgebracht haben.

 

 



[i]Ich schulde meinen herzlichsten Dank Herrn Alexander Schilling fьr die Korrektur dieses Aufsatzes. Die georgische №bersetzung des Aufsatzes ist in Schumeri, 28, 2001 erschienen. Die Kurzfassung des Aufsatzes wurde unter dem Titel Kartwelur-Ъumerul enata odschachis sawitchisatwis (Zur Frage der kartwelisch-sumerischen Sprachenfamilie, georgisch), in: Literaturuli Sakartwelo, 34, 1999, S. 14 (№bersetzung von Iwane Amirchanaschwili) verцffentlicht.

 

[ii]Die sprachliche Stellung des Sumerischen, Babyloniaca, XII, fasc. 3-4, Paris, 1932

[iii]S. etwa I. M. Djakonoff, Jasyki Drevnej Perednej Asii, M. 1967, S.83-84, wo der Autor nach einer kurzen Betrachtung der Frage das Sumerische als eine isolierte Sprache behandelt, im Unterschied zu dem Elamischen und Hurrisch-Urartдischen, zu denen er genetisch verwandte Sprachen findet.

[iv]M..-L. Thomsen, The Sumerian Language, Copenhagen 1984; J. L. Hayes, A Manual of Sumerian Grammar and Texts, Malibu 1990 oder I. T. Kanewa, Schumerskij jasyk, St. Petersburg 1996 usw.

[v]S. №bersicht im oben genanntem Aufsatz von V. Christian.

[vi]Ibidem, S.125.

[vii]Das Elamische mit der dravidischen Sprachenfamilie, s. I. M. Djakonoff, op. cit., S.108-112; das Hurrische und das Urartдische-mit nord-ost-, s. idem, Hurrisch und Urartдisch, Mьnchen 1972, S.157-172; das Hattische-mit nord-west-Kaukasischen Sprachen, idem, Jasyki..., S.172-176.

[viii]Grammatik der altgeorgischen Sprache, Hamburg 1994, S.252-260.

[ix]Ibidem, S.125.

[x]"O sumero-gruzinskй jednotй jazykovй" (Prag, 1905)

[xi]"Sumerian and Georgian". A study in comparative philology. JRAS, 1913, 783-821; 1914, 1-36; 1915, 255-288; 1916, 1-58

[xii]Das Sumerische und das Georgische, Bedi Kartlisa, Vol. VI-VII, 1959, S.77-104; Vol. X, 1960, S.1-12; Zur Frage der Verwandtschaft des Georgischen (Kartvelischen), Vol. XXI-XXII, 1966, S.128-139.

[xiii]BK, X, S.6.

[xiv]Zap. Wost. Otd. Russk. Arch. ObЪз., Tom. XXV, 1921, 453-464.

[xv]S. dazu V. Christian, op. cit., S.78.

[xvi]Elementi di Glottologia, Bologna 1923, S.112.

[xvii]Jasyki, S.84.

[xviii]Einfьhrung in die kaukasische Sprachwissenschaft, Hamburg 1994.

[xix]Einfьhrung, S.26.

[xx]Etymologien vorindogermanischer Wцrter aus orientalischen Sprachen, 2. Ausg., Freiburg 1959.

[xxi]Oriens Christianus, 79 (1995), 282-283.

[xxii]Klimow, G.A., Etimologitscheskij slovar' kartwel'skich jasykow, M. 1964.

[xxiii]Fдhnrich; Heinz und Sardschweladse, Surab, Etymologisches Wцrterbuch der Kartwel-Sprachen, E.J. Brill, Leiden-New York-Kцln 1995 (HdO, 1 Abt. Bd.24)

[xxiv]Klimow, Einfьhrung, S.91.

[xxv]S. Liste bei Klimow, Einfьhrung, S.188.

[xxvi]S. dazu Kap. 7 bei Klimow: Areale Wechselbeziehungren zwischen den kaukasischen Sprachen, S.263-308, wo viel Material gesammelt wird.

[xxvii]I. M. Djakonoff, Hurrisch und Urartдisch, S. 157-172.

[xxviii]S. etwa Kanewa, S.18 oder Hayes, S. 18.

[xxix]Hayes, ibid.

[xxx]S. Hayes, S.18-19.

[xxxi]S. dazu etwa Klimow, Einfьhrung, S. 308.

[xxxii]S. Klimow, Einfьhrung, S.108.

[xxxiii]Jasyki... S.55-56.

[xxxiv]S. Klimow, op. cit., S.109.

[xxxv]S. H. Fromm, Finnische Grammatik, Heidelberg 1982.

[xxxvi]S. Klimow, op. cit., S.253.

[xxxvii]Zur Frage der Verwandtschaft..., S.135.

[xxxviii]Das Sumerische und das Georgische, T.II, S. 6.

[xxxix]S. Klimow, S.188-191; G. Deeters, Die kaukasischen Sprachen, in: HdO, I. Abt., Bd.7, Leiden-Kцln 1963, S. 41; R. Lafon, …tudes basques et caucasiques. Salamanca.= Acra Sallmaticensia. Filosofia y letras, 5,2. 1952, S.64.

[xl]S. Klimow, S.298.

[xli]S. Klimow, S.291.

[xlii]Vgl. die Rekonstruktionen von I. M. Djakonoff (Jasyki, S.61): 20-*ni-aЪ>niЪ, 40-*ni-min>ni(mi)n, 50-*ni-min-u>ninu.

[xliii]gegen Tserethely ,T.II, S. 6.

[xliv]S. Klimow, S.119, Tab.4.

[xlv]S. dazu neulich auch Hayes, S.262-263.

[xlvi]So B. Collinder, An Introduction to the Uralic Languages, Berkeley-Los Angeles 1965.

[xlvii]Das Sumerische und das Georgische, I, S.100.

[xlviii]S. M. Cohen, Sйmitique, йgyptien, libyco-berbиre, couchitique et methode comparative,- "Bibliotheca Orienthalis", X, 1953; I.M. Djakonoff, Jasyki..., S. 182.

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